Nichts kickt den Tag so sehr wie ein frischer Streit am Frühstückstisch: Emilia fragt, ob ihre Kollegen mit ihren Vapes jetzt wirklich gesünder leben als der Kollege am Aschenbecher. Zeit, der Frage nachzugehen, die viele beschäftigt – ist Vapen schlimmer als Rauchen? Die Zahlen sind riesig: In Deutschland rauchen aktuell immer noch rund 16 Millionen Menschen, aber auch E-Zigaretten boomen wie nie zuvor, gerade bei Jüngeren. Schon fast zehn Prozent der 18- bis 24-Jährigen greifen inzwischen lieber zur Dampfe als zum Glimmstängel. Das Bild ist ziemlich zwiegespalten. Auf der einen Seite steht das alte Image des Rauchens – Tabak, Qualm, gelbe Zähne. Auf der anderen Seite die cleanen Geräte, eigens gemischte Liquids und der Duft von Mango, Menthol oder Kaugummi. Klare Antwort? Fehlanzeige. Gerade deshalb lohnt es sich genauer hinzusehen, was tatsächlich im Vergleich schlimmer ist – und was eigentlich alles in Lunge, Herz und Hirn passiert, wenn man zieht, ob an Zigarette oder am Vape.
Eigenartig, wie ein Ding wie das Vape-Gerät als „gesünder“ gilt, obwohl die wenigsten wissen, was sie da eigentlich inhalieren. Tabakzigaretten sind da ziemlich ehrlich: Hauptzutat ist Tabak, kombiniert mit ungefähr 7.000 Chemikalien, von denen mindestens 70 nachweislich Krebs auslösen können. Dazu gehören schöne Sachen wie Blausäure, Benzol, Teer und Formaldehyd. Wer raucht, brennt den Tabak ab – dabei entstehen Unmengen von Schadstoffen, die über den Rauch tief eingeatmet werden. Der so entstehende Teer setzt sich wie klebrige Farbe überall in den Atemwegen ab.
Vapes funktionieren dagegen mit Liquid, das meistens auf Propylenglykol, Glycerin, Aroma und Nikotin basiert. Ohne Verbrennung bleibt einiges an Schadstoffen außen vor, vor allem die typischen brandbedingten Karzinogene. Heißt das, Vapes sind harmlos? Auch moderne Liquids können aus fragwürdigen Inhaltsstoffen bestehen – besonders, wenn sie online aus dubiosen Quellen bestellt werden. Aromen wie Diacetyl gelten als mögliches Risiko für die Lunge, das „Popcorn-Lunge“ auslösen kann. Offizielle Liquids von deutschen Herstellern sind meist besser kontrolliert, aber jeder Zusatzstoff in den Lungen ist immer noch ein Fremdkörper. Das Nikotin bleibt in beiden Produkten drin, und genau das sorgt für Sucht und diverse Herz-Kreislauf-Probleme.
Rauchen ist in Sachen Schadenspotenzial richtig gut erforscht. Herzinfarkt, Bluthochdruck, Schlaganfall, Lungenkrebs, COPD – die Liste ist lang. Die große Menge Teer und CO, die der Drop-Tot-Automat Zigarette mitliefert, ruiniert auf Dauer die Lunge und verengt Blutgefäße. Wer raucht, hat ein bis zu 23-fach höheres Risiko für Lungenkrebs und ein deutlich erhöhtes Risiko für fast jede andere Krebsform ab Kopf abwärts.
Beim Vapen fehlen dagegen viele Langzeitstudien. Das macht es schwer, ehrlich zu vergleichen. Klar ist: Die meisten Schadstoffe beim klassischen Rauchen entstehen durch Verbrennung. Dampfen verbrennt nichts, liquides Nikotin wird durch einen Verdampfer erhitzt, nicht verbrannt. Das reduziert das Risiko für viele der typischen Krebsarten massiv – laut britischer Gesundheitsbehörde Public Health England bis zu 95 Prozent weniger Schadstoffe als im normalen Zigarettenrauch! Der Haken: Nikotin bleibt Nikotin – es kann immer noch Herzinfarkt oder Schlaganfall fördern. Wer zu hoch dosiert, riskiert Herzrasen, Zittern und Schwindel. Die Forschung warnt auch: Dampfen ist nicht ungefährlich – es gibt Hinweise auf erhöhte Schleimhautreizungen, Bronchialprobleme und selten Allergien, etwa gegen bestimmte Aromastoffe.
Die Werbung fürs Vapen klingt verlockend – Beerenaroma, keine Asche, keine gelben Finger. Kein Wunder, dass immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene zur E-Zigarette greifen, auch wenn sie vorher nie geraucht haben. Und hier liegt einer der größten Kritikpunkte am Vaping-Boom: Vapen wird oft als cooles Lifestyle-Gadget dargestellt, aber selten erwähnt, dass auch Liquids richtig süchtig machen können. Nikotin kickt das Belohnungszentrum im Kopf – das Suchtpotenzial ist fast identisch wie bei der Zigarette. Die American Lung Association warnte 2023: Immer mehr Jugendliche entwickeln durch Vapes eine Nikotinsucht, die sie vielleicht nie mit einer normalen Kippe bekommen hätten.
Ein weiterer Punkt: Die Auswirkung der E-Zigarette auf das junge Lungengewebe wird bisher unterschätzt. Wer als Jugendlicher regelmäßig vapet, erhöht laut einer Harvard-Studie das Risiko für chronische Bronchitis und Asthma. Auch Kinderärzte schlagen Alarm, denn die Anzahl an Jugendlichen mit beginnenden Entzündungen im Mund und Hals, Reizhusten und Kopfschmerzen steigt. Es gibt sogar eine neue Erkrankung – EVALI („E-cigarette or Vaping Associated Lung Injury“) – die bei den ersten Vaping-Todesfällen in den USA diagnostiziert wurde. In fast allen Fällen waren es allerdings illegale Schwarzmarkt-Liquids, die hoch dosiertes Vitamin-E-Acetat enthielten.
Rauchen gilt seit Jahrzehnten als Synonym für Abhängigkeit, aber auch Vapen macht nicht weniger abhängig. Wer regelmäßig dampft, spürt oft schon nach wenigen Zügen eine entspannende Wirkung – ausgelöst durch Nikotin, das in Rekordzeit das Hirn erreicht. Aber: Nikotinentzug ist nicht weniger heftig, egal ob vom Glimmstängel oder dem süßen Liquid. Wer einmal abhängig ist, bleibt meist nicht lange bei der Ein-Zug-zur-Party-Gewohnheit.
Was viele unterschätzen – Vaping kann den „Ausstieg“ sogar schwerer machen. Der Grund: Vapes sind oft diskreter, haben keinen ekelhaften Rauch-Gestank und lassen sich überall unauffällig nutzen. Auf die Dauer wird viel mehr konsumiert, als Nutzer oft denken. Wer ehrlich mit sich ist, merkt: Die kleine Vape ist ständiger Begleiter – im Auto, bei der Arbeit, auf der Couch. Neue US-Studien zeigten, dass junge Dampfer teilweise mehr Nikotin abbekommen als ein durchschnittlicher Zigarettenraucher, einfach weil sie viel öfter und länger «mitziehen». Hier hilft nur Ehrlichkeit im Umgang mit seinem eigenen Konsum. Nikotinfreie Liquids sind ein Kompromiss, aber oft landet man am Ende wieder beim Nikotin. Für den Ausstieg setzen viele auf Nikotinersatzprodukte oder therapeutische Beratung, egal ob für das Rauchstopp-Programm oder das Vape-entwöhnen. Ein hilfreicher Tipp: Das Suchtverhalten besser nicht gegen ein anderes austauschen, sondern wirklich nach Alternativen suchen. Viele schwören inzwischen auf Apps zur Konsumkontrolle und Unterstützung bei Rückfällen.
Wem das Thema im Freundeskreis oder zuhause begegnet, der hört oft abenteuerliche Geschichten – wie „Vaping ist eh nur Wasserdampf“ oder „E-Zigaretten sind die perfekte Raucher-Entwöhnung“. Die Wahrheit liegt in der Mitte. Es gibt inzwischen zahlreiche Studien, die E-Zigaretten als weniger gefährlich einstufen, aber kein Mediziner der Welt würde empfehlen, zu dampfen, wenn man gar nicht raucht. Zum Rauchstopp können Vapes kurzfristig helfen. Eine große britische Studie von 2022 fand heraus, dass 18 Prozent der Teilnehmenden nach einem Jahr Abstinenz von Tabak durch E-Zigaretten komplett rauchfrei blieben – deutlich mehr als mit Nikotinpflaster. Aber auch Rückfallgefahr: Ein Viertel nutzte das Vape-Gerät immer noch, und das Suchtrisiko bleibt bestehen.
Wichtig: Niemals illegale oder selbstgemixt Liquids verwenden. Nur auf geprüfte Hersteller setzen, die nach EU-Richtlinien arbeiten – ein Blick auf die Flasche hilft. Geräte regelmäßig säubern, Akkus nicht überhitzen und keine Liquids mit unbekannten Aromen ausprobieren. Schwangeren rät jede Fachgesellschaft ganz klar: Kein Nikotin, auch nicht in der E-Zigarette. Wer als Ex-Raucher den Umstieg schafft, sollte einen Plan haben, das Vaping mittelfristig wieder zu lassen. Und: Kinder und Jugendliche sollten besser komplett die Finger davon lassen. Für ganz Hartnäckige gibt es spezialisierte Beratungsstellen oder Programme, die beim kompletten Ausstieg helfen.
Am Ende kommt es darauf an, ehrlich mit dem eigenen Konsum umzugehen und sich nicht von Werbeversprechen leiten zu lassen. Rauchen bleibt gesundheitsschädlicher, das ist nach wie vor sicher. Aber Vaping ist so gesund wie ein Energy-Drink statt Alkohol – weniger gefährlich, aber deshalb noch lange kein Smoothie.